Fictional Style Icon: Jess Day
Erschienen in material girl #24, Winter 2013
Im Unterschied zu den Seitencharakteren, die jeder mag – trinkfeste beste Freundin, fauler WG-Kollege, die überdrehten schwulen Nachbarn –, trifft TV-Serien-Hauptdarsteller das harte Los, dass sie polarisieren. Ja, polarisieren müssen. Denn entweder liebt man die Protagonisten, egal, welchen Nonsens sie Folge für Folge drehbuchbedingt schon wieder anrichten. Oder man hasst sie. „Hate Watching“ nennt das der hartgesottene Serienjunkie und bleibt natürlich trotzdem dran. „New Girl“ ist so ein Fall, bei dem wir uns auch nicht immer ganz sicher sind, auf welche Seite das Sympathiependel ausschlägt. Zooey Deschanel kann als Jess Day nämlich mitunter ziemlich nerven, wenn sie etwa das Wort „Penis“ minutenlang nicht über die Lippen kriegt oder sich, unsexy as hell, in einem Agent-Provocateur-Dessous verfängt. Aber, und jetzt kommt das große Aber: Ihre Outfits sind allesamt großartig. Großartig neben der Spur. „Quirky“ nennt das der Amerikaner, eins der tollsten Wörter, das mit „skurril, verschroben, schrullig“ nur unzureichend übersetzt ist. „Quirky“ bedeutet, auf Jess’ Garderobe übertragen, einen Mix aus Granny & Tranny, Promdresses, Vintage-Leoprints, Shorts zu allem, große Schleifen, noch größere Handtaschen. Freies Stylingassoziieren, für das wir uns mal bei den aktuellen Winterkollektionen umgesehen haben. Grobgestricktes Mütze-/Schal-Deppensemble über krankenhaushemdrosa Steppkostüm? Karen Walker weiß, was „quirky“ heißt. Ein Wollkleid mit überlebensgroßem Fuchskopf am Busen? Merci, Monsieur de Castelbajac. Trägt Jess Day gleich bei der Lehrerkonferenz an der Schule. Und das petrol-schwarze Promdress von Erin Fetherston? Gradezu fantastisch für „True American“, bestes Trinkspiel der Welt. Dessen Regeln haben wir zwar bis heute nicht kapiert, aber neben sich stehen macht einen, Hallo Jess!, manchmal eh noch viel sympathischer.