Sinnlose Sintflut – Warum „Noah“ ein epischer Dreck ist

Sinnlose Sintflut – Warum „Noah“ ein epischer Dreck ist

Der erste Trailer von Aronofskys Sintflutdrama wurde noch mit Begeisterung herumgeschickt und kommentiert. Epischer Regen, dreckige Bärte, Tiere in Not, ein moralisches Dilemma biblischen Ausmaßes, was kann da schon schief gehen? 138 quälende Filmminuten später muss man leider sagen: Fast alles.

Selten hab ich im Kino so oft das Wort „Alter“ gedacht. „Alter, was sind das für grässliche Zaubermärchen-Titelfonts?“ „Alter, wovon ernähren die sich eigentlich die ganze Zeit in der Arche?“ „Alter, sind die Animatronics-Babys schirch!“ „Alter, wie kann Wimperntusche verschmieren, die ja gar nicht da sein kann, weil sie noch nicht erfunden ist?“

Am Anfang ist die Konzentration noch groß, ah ja genau, so war das mit Adam und Eva und der Schlange und dem Apfel und Kain und Abel (und Bruder Seth, den man immer vergisst) und Noah und der Familie und den übrigen Menschen, die die Erde bevölkern. Sie beackern den Boden, bauen Zelte auf und wieder ab, bringen Kinder zur Welt, haben Albträume von der Apokalypse. Die anderen Menschen – die, die Waffen tragen, Tiere essen und andere Menschen nicht nur streicheln – sind hässlich, dickwanstig und dreckig. Natürlich. Prolos, wie sie im Buch der Bücher stehen. Und die Frauen sind in erster Linie Stichwortgeber ihrer Männer oder hilflose Hascherl oder beides.

Aronofsky tut sein Bestes, den alt bekannten und sehr kurzen „Noah“-Plot um innerfamiliäre Konflikte („barren“, mein neues Lieblingswort) und spannungsgeladene Kampfszenen zu bereichern und sich durch eine Evolutionsmontage vom Vorwurf des allzu bibeltreuen Erzählens loszusagen. Als dann allerdings Anthony Hopkins als Hutzelgreis Methusalem auftritt und Emma Watsons Kinderlosigkeit durch einen etwas lieblos hingeschluderten Segen „heilt“, klingeln die nächsten Alarmglocken.

Aronofsky lenkt durch Action ab, schon eilen die Tiere in adretten Zweierformationen herbei, schon kraxelt der einzige Widersacher an Bord, schon ächzt die rechteckige Arche durch die hurtig steigende Sintflut. Ein rechteckiger Holzkasten, warum auch nicht, denkt man, während man Emma Watson beim verzweifelten Versuch zuschaut, Schauspielerin zu sein und einen plötzlich aufgepoppten Schwangerschaftsbauch glaubhaft durch die Gegend bzw. die Arche zu wuchten.

Den Rest hab ich mittlerweile, vermutlich durch einen Gnadenakt Gottes, wieder vergessen. Hübsche, dekonstruierte Strickpullis tragen sie alle in meiner Erinnerung, und Noah hat einmal so was wie Jeans an, und Jennifer Connelly schaut verhärmt, und dann passiert irgendwas mit dem Widersacher an Bord, und schlussendlich fliegt die rettende weiße Taube mit dem Ölzweig im Schnabel herbei. Stammt die gesamte Menschheit jetzt von Emma Watson ab? Ein Gedanke, der mich seit dem Kinobesuch schlecht schlafen lässt. Im dunklen Saal selber hab ich herrlich gedöst. Amen.

Foto: Noah Trailer