Salonclaudine loves: Affogato, Yuno, Perücken, das Donauzentrum und Chloë Sevigny

Salonclaudine loves: Affogato, Yuno, Perücken, das Donauzentrum und Chloë Sevigny

Die letzten Tage der Menschheit. Marillen haben den Supermarkt, den Speiseplan, mein Leben übernommen, der Widerstand gegen kurze Hosen ist gefallen, ich fahre Straßenbahn, weil die Klimaanlage dort schon da ist und für alle kühlt, was mir weniger schlechtes Gewissen macht, die Unlogik verfolge ich im Herbst weiter, jetzt ist es zu heiß. Hier ein paar unkompliziertere Dinge, die mich bis dahin bei Laune halten.

1. Affogato

Ich nenne ihn den „kleinen Eiskaffee“. Nirgends wird der Affogato so schön serviert wie in der Josefstädter Kurkonditorei. Ein Häferl mit einer Kugel Vanilleeis, daneben ein Metallkännchen mit brodelnd heißem Espresso, beides auf weißer Papierspitze. Als Alternative (Affogato gibt es zum Beispiel nicht im sonst makellosen Guesthouse im Ersten) geht auch ein Einspänner, im Sommer brauche ich Kalorien im Kaffee.

2. „Sunlight“ von Yuno

Ein Song weich wie das Gras auf der Wiese neben dem Thermalbecken in Bad Vöslau. Früher hätte man „Dreampop“ gesagt, vielleicht sagt man immer noch so, wer weiß, ich sag ja auch immer noch „Platte“ und „Lied“. Noch mehr Mandolinen und Ukulelen als „Sunlight“ hatte nur Ivan Rebroff, aber den kennt auch keiner mehr.

3. Die Perücken aus „Russian Doll“

Dass ich lange Zeit nicht viel von Colin Farrell hielt, liegt nicht an seinen Schauspielfähigkeiten, sondern an der Tatsache, dass er vor allem in seiner frühen Karriere oft mit ausgesucht schlechten Perücken ausgestattet wurde, zum Beispiel in „A Home at the End of the World“ oder in „Alexander“. Auch mit den rattigen Haarmops, die Nicole Kidman immer wieder übergestülpt werden, könnte man mittlerweile ganze Bildbände füllen. Matte Textur, unpassende Volumina, unglaubwürdige Farben, noch unglaubwürdigere Haaransätze, bei Perücken kann unendlich viel schiefgehen, ein Detail, das mich beim Film- und Serienschauen ähnlich irritiert, wie wenn Figuren ein Haus betreten und die Haustür OFFEN LASSEN oder mit den Schuhen ins Bett springen. „Russian Doll“ dagegen macht in diesem Bereich – und der ist, da können Filmkenner gern die Nase rümpfen, ebenso wichtig wie gut gesetztes Licht oder ein gelungener Cut – so viel richtig, dass man die Serie in den Lehrplan von Filmakademien aufnehmen sollte. Worauf es ankommt, wie viel gute Perücken kosten und warum man die besten nicht als falsches Haar wahrnimmt, hat Kathryn VanArendonk für Vulture recherchiert.

4. Das Donauzentrum

Klimaanlage war diesen Sommer ein gutes Argument, Orte aufzusuchen, die man normalerweise nicht auf der Strecke hat. Mit der (gekühlten) U1 ins (gekühlte) Donauzentrum, die beste Idee seit Wochen. Nicht nur sind die Shops dort ideal verteilt, die Gänge angenehm breit, die Lichtquellen, wo möglich, natürlich, die Infotafeln mit Übersichtsplänen in angemessenen Abständen platziert, es gibt auch überall Sofas mit Strom- und USB-Steckdosen. Nachdem wir das Angebot, bei Niemetz das neue Schwedenbomben-Eis („mit zwei ganzen Schwedenbomben in jedem Eisbecher“) zu kaufen, ausgeschlagen hatten, verbrachten wir mindestens eine Stunde in der Trzesniewski-Filiale. Ei mit Ei, Sardine, Karotte mit Gervais, Pfiff trinken, Leute schauen, besser als wegen Köttbullar und dem neuen Katalog zum Ikea zu fahren.

5. Chloë Sevigny

Eine der großen Lieben meines Lebens. Sie wacht neben der Eingangstür als Hausgöttin über die Wohnung, ein gerahmtes Bild steht im Wohnzimmer. Kürzlich ist die Liebe, dank des fantastischen Buchs „Champagne Supernovas“ von Maureen Callahan, neu entflammt. Callahan schreibt über die Neunzigerjahre und wie Kate Moss, Alexander McQueen und Marc Jacobs Mode-, Model- und Lifestyleszenen neu definierten. Die Lower East Side, Tompkins Square Park, Sonic Youth, Sofia Coppola, X-Girl, Daisy von Furth, Kate und Johnny Depp, Corinne Day, Jefferson Hack, The Face, i-D, Dazed & Confused, Sadie Frost, das Namedropping ist extensiv, aber immer unterhaltsam und führt in stundenlange Google-Rabbitholes. Jay McInerneys Artikel für den New Yorker von Oktober 1994 ist eine speziell interessante Momentaufnahme von Chloë Sevigny, die damals gerade „Kids“ drehte, bei „Liquid Sky“ auf der Lafayette Street jobbte und Evan Dando attraktiv fand, attraktiv „für einen älteren Mann“ (er war 27).

Foto: Kids Trailer